MEINUNGSBEITAG von Maja Endom, Kl. 10d

Ob es kleine Sätze sind, wie „Der Lehrer beendet den Unterricht“ oder „Nein, du darfst jetzt nicht auf Toilette“ oder „Du hast deinen Lehrer zu respektieren“ oder schwerwiegende Sätze: „Was ist das denn für ein Assi-Haufen?“ oder „Du machst beim Sport mit, sonst kriegst du eine Sechs!“ – mit Worten drücken die Lehrer*innen ihre Macht gegenüber Schüler*innen aus.

Die eben genannten Sätze haben alle Schüler*innen schon mindestens einmal gehört. Da können wir uns sicher sein. Aber ist das in Ordnung? Warum ist das so? Und was können wir als Schülerschaft, Elternschaft oder auch als Lehrerschaft dagegen tun?

Worte sind Macht

Die Schüler*innen kriegen immer wieder und jeden Tag zu spüren, wie weit unten sie in der Nahrungskette liegen. Ob es durch Gesten oder Worte passiert, ist da ganz unterschiedlich. Das Schlimme an dem Ganzen aber ist, dass die Eltern es aus ihrer Schulzeit nicht anders kennen und die Schüler*innen es gewohnt sind.

Was würde passieren, wenn sich die ältere Schülerschaft gegen respektlose Lehrer*innen wehren würde? Ich weiß es: Die Schüler*innen würden Mut fassen, würden für sich einstehen und sich im Leben nicht so einfach unterkriegen lassen. Abgesehen davon ist es heutzutage ganz einfach nicht mehr okay, Kinder zu unterdrücken, Schüler*innen und Kinder haben genauso eine Daseinsberechtigung wie alle anderen, und das müssen wir ihnen auch zeigen. Ansonsten denken sie ihr ganzes Leben lang, sie müssten sich an andere anpassen und seien mehr auch nicht wert. Es ist Zeit, dass die Schule sich dem Wandel der Welt anpasst.

Wenn die Abschlussklassen den Jüngeren gegenüber leise sind, wenn sie respektlos und schlicht unmenschlich behandelt werden, formen wir nur die nächste Generation von kaputten Erwachsenen. Wollen wir das?

Unser Schulsystem, wie wir es heute haben, existiert seit 1918 – dem Jahr, in dem der Erste Weltkrieg endete. Das ist genau 105 Jahre her. Ist das nicht ein wenig traurig, dass sich seitdem nichts geändert hat, außer, dass man die Kinder nicht mehr schlagen darf? Und trotzdem meckern immer noch viele Lehrer*innen darüber und verletzen Schüler*innen verbal. Ist das nicht genauso schlimm oder sollte zumindest als genauso schlimm angesehen werden? Lehrer*innen, die sich zu dem zehnjährigen Kind runter beugen und ihm/ihr ins Gesicht brüllen, sind genauso schlimm wie damals die Lehrer*innen, die das Kind mit dem Lineal auf die Finger geschlagen haben. Unser Schulsystem wurde abhängig von „preußischen Tugenden“ – Militärdienst und Krieg – entwickelt, passt irgendwie nicht so ganz in das so beliebte deutsche Land, oder? Diese Art Erziehung hat den Kindern schon damals massiv geschadet und viele bis heute davon geschädigt sind, wenn nicht sogar traumatisiert. Viele, die so aufgewachsen sind, sind auch heute die, die die Kinder schlecht behandeln. Ob in der schulischen Erziehung oder zu Hause, ist gleichbedeutsam.

Wenn Klassen so kaputt gemacht worden sind, dass alle geordnet wie die Soldaten am Zaun stehen, sollte man als Lehrkraft dankbar sein… Wenn dann zwei Schüler*innen sich kurz leise unterhalten, gibt das immer noch niemandem das Recht, alle diese Schüler als „Assi-Haufen“ zu beleidigen. Dazu kommt noch, dass nicht ein einziger Schüler / eine einzige Schülerin etwas gegen die Lehrkraft sagt: Alle sind still und gehorsam. Wie bitte? Die 1920er-Jahre sind vorbei, Leute!

Schüler haben genauso ein Recht auf Selbstbewusstsein, Respekt und Menschlichkeit wie alle anderen. Wo können wir also anfangen? Einige Schüler*innen haben dazu Ideen:

„Es ist lächerlich, dass Schüler*innen sich zur Begrüßung hinstellen müssen. Man kann den Unterricht auch ohne Bloßstellen gestalten. Vielleicht können die Lehrer*innen eine Fortbildung in die Richtung machen?“ (Marlene, 15 Jahre)

Trotz Mangel: „Nicht jeden als Lehrkraft annehmen“

„Wir sollten anfangen, wo Schüler*innen aufgrund von beispielsweise ihrem Geschlecht von Lehrer*innen ausgegrenzt werden. (…) Trotz Lehrermangel ist es nicht okay, jeden in den Lehrerberuf aufzunehmen.“ (Zoe, 15 Jahre)

„Im Endeffekt hat jeder ein Recht auf Respekt. Darum müssen wir gegen Mobbing angehen. Viele Lehrer tun nichts gegen Mobbing.“ (Marvin, 17 Jahre)

„Ich denke, die Lehrer*innen brauchen nicht mehr Respekt einzufordern als andere, nur weil sie vielleicht älter sind und studiert haben.“ (Johanna, 16 Jahre)

„Vielleicht können wir starten, indem wir die Ansprache auf eine Stufe stellen. Zum Beispiel, dass wir die Lehrer*innen auch mit Vornamen ansprechen oder die Lehrer*innen uns mit Nachnamen.“ (Florian, 15 Jahre)

Was schließen wir daraus? Bloßstellen ist offenbar ein großes Thema bei Schüler*innen. Ob Schüler*innen nun von Mitschüler*innen oder von Lehrer*innen bloßgestellt werden, ist völlig egal: Das muss aufhören. Wie selbstverständlich nehmen die Schüler*innen das Bloßstellen hin. „Augen zu und durch“ hat da wahrscheinlich jeder schon einmal zu sich gesagt.

Häufig halten Lehrer aufgrund ihres Studiums/ihrer Ausbildung zu viel von sich, was dann wieder zu Unstimmigkeiten im Schüler-Lehrer-Verhältnis führt. Es ist also ein Teufelskreis, den es allerdings dringend zu durchbrechen gilt.

| Text: Maja Endom, Kl. 10d |