In der ersten Unterrichtswoche des neuen Schuljahres startete auch das Projekt „Müller Praktikum 1900“. Schülerinnen und Schüler des 8. Jahrgangs lernen die Arbeit rund um das Museum und die Windmühle kennen. Auch einige ABER HALLO Redakteure und news-Redakteure sind dabei und berichten hier vom Projekt. Im 1. Teil stellen wir die Projektbeschreibung vor:

Die Moorseer Mühle

1. Projektbeschreibung

Im Projekt „Müller-Praktikum 1900“ arbeiten das Museum Moorseer Mühle und die Oberschule 1 Nordenham im Schuljahr 2018/19 zusammen. Die Schülerinnen und Schüler des 8. Jahrgangs der Oberschule 1 Nordenham können im Rahmen der Wahl eines Kursunterrichts unter anderem den Kurs „Müller-Praktikum 1900“ anwählen. Das Projekt ist dem Fach Geschichte zugeordnet, enthält aber zugleich wesentliche Züge der schulischen Querschnittsaufgabe Berufsorientierung und trägt zur Erfüllung der schulischen Verpflichtung bei, dass Schülerinnen und Schüler in ihrer Schullaufbahn 60 bis 90 Schultage für Berufsorientierungsmaßnahmen aufzuwenden haben.

Die Schülerinnen und Schüler lernen und arbeiten zusammen mit einer Lehrkraft sowie Mitarbeitern des Museums Moorseer Mühle. Nach einer Phase des Kennenlernens und der Einfindung stehen verschiedene thematische Aspekte im Fokus, die im Kurs erarbeitet werden. Hierbei handelt es sich um Angebote, die im Museum Moorseer Mühle angeboten werden. Sie sind z.T. neu kombiniert und vereinzelt ergänzt. Neben der Beschäftigung im Kursunterricht lernen die Schülerinnen und Schüler die Mühle als Museumsbetrieb kennen.

Begleitet wird das Projekt durch regelmäßige Dienstbesprechungen der Projektleiter. Auch eine Tagung der Fachkonferenz GSW der Oberschule 1 Nordenham im Museum Moorseer Mühle ist vorgesehen sowie umgekehrt der Besuch des Museumsleiters im Unterricht der Oberschule 1 Nordenham.

2. Ziele des Projektes

2.1 Ziele des Museums Moorseer Mühle

• Die Schülerinnen und Schüler als Bürger begreifen das Museum Moorseer Mühle als „Lern- und Kulturort“ ihrer Stadt und „beleben“ ihn durch ihre Arbeit vor Ort.

• Das Projekt dient der Erprobung der Zusammenarbeit mit Schulen, Kursen oder Gruppen und kann somit ein Pilotprojekt im Rahmen der Bildungsregion Wesermarsch sein.

• Die Mühle rückt damit weiter hinein in die städtische Gesellschaft.

• Nachhaltigkeit: Im Rahmen des Projektes werden neue Arbeitsblätter, Aufgaben, Materialien etc. entwickelt, die für andere Besuchergruppen genutzt oder für spätere Schulklassenprojekte verwendet werden können.

2.2 Ziele der Oberschule 1 Nordenham

• Die Schülerinnen und Schüler nutzen das Museum Moorseer Mühle als außerschulischen Lernort für Erfahrungslernen.

• Ein Abschnitt der Geschichte wird durch Einengung auf einen lokalen Ausschnitt und durch handlungs- und produktionsorientierte Lernmethoden anschaulich begreifbar.

• Die Schülerinnen und Schüler entdecken verschiedene Berufsfelder und probieren diese durch handwerkliche Erarbeitung selbst aus.

• Die Schülerinnen und Schüler lernen Arbeiten kennen im Kontext eines außerschulischen Arbeitsortes und in Zusammenarbeit mit außerschulischen (erwachsenen) „Kollegen“ (Form des Lernens im sozialen Kontext).

• Die im Projekt entwickelten Arbeitsblätter, Aufgaben und Materialien stehen für spätere Schulklassenprojekte zur Verfügung.

 

3. Inhalte

Der Kurs findet wöchentlich im Blockunterricht (80 Minuten) im Museum Moorseer Mühle statt. Das Projekt umfasst etwa 30 Unterrichtsblöcke und gliedert sich zeitlich in drei Phasen: Die Phase 1 dient dem Kennenlernen und ist erster Auftakt zum Projektjahr. In der Phase 2 werden einzelne Aspekte des Müllerlebens erarbeitet. Zum Abschluss (Phase 3) gibt es die öffentliche Präsentation der Ergebnisse aus dem Projekt sowie Zeit für Rückmeldungen und konstruktive Kritik zur Weiterentwicklung des Projektes.

Für das Pilotprojekt wurden folgende Schwerpunkte ausgewählt:

A) Thema „Vom Korn zum Brot“: Getreidesorten, Getreideanbau früher & heute, Ackerbau um 1900, Getreideernte, Getreide dreschen und mahlen, vom Korn zum Mehl, Backtag.

B) Thema „Vom Schaf zur Socke“: Tierkunde, Schafhaltung inkl. Stall, Schaf scheren, Nutzung von Schafprodukten: Wolle, Fleisch; Filzen, Spinnen, Weben, Socken stricken.

C) Thema Wind: Entstehung von Wind, Nutzung früher / heute, Windmühlen – Arten, Standorte, Geschichte; Funktionsweise: Fischertechnik / Modellbau / Legotechnik

D) „Mühle unter Dampf“: Dreschmaschine, Funktionsweise von Dampfmühle – Industrialisierung in der Mühle.

E) Thema Museum: Wie funktioniert ein Museum? Blick hinter die Kulissen; Highlights und Kritikpunkte der Schüler am Museum Moorseer Mühle – was finden sie gut, was würden sie anders machen? Wer ist wer? – Die Mitarbeiter des Museums Moorseer Mühle und ihre Aufgaben heute – sowie: Wer arbeitete früher rund um die Mühle? / Mühle & Tourismus / Erstellen eigener Exponate für eine Teilausstellung.

 

Weitere Themen könnten ggf. in Anschlussprojekten aufgegriffen werden. Die Auswahl ist auch an organisatorische Rahmenbedingungen geknüpft, etwa vorhandenes Personal zur Begleitung des Projektes oder begrenzte finanzielle Ressourcen, sowie an jahreszeitliche Bedingungen (etwa beim Thema Kornernte und -saat).

Die Themen A bis E ziehen sich daher durch das ganze Schuljahr. Sie werden in inhaltlich und didaktisch sinnvolle Teilabschnitte gegliedert. Als lernförderliche Struktur führen die Schülerinnen und Schüler eine Mappe mit „Themenregistern“, die jeweils dann ergänzt werden.
Neben diesen Schwerpunkten können weitere Einzelthemen aufgegriffen und thematisiert werden. Hierbei sollen insbesondere auch Fragen bzw. Interessen der Schülerinnen und Schüler Berücksichtigung finden, die sie zu Beginn oder im Laufe des Projektes entwickeln.

Projektbegleitende Praktikumstage im Museum Moorseer Mühle

Die Schülerinnen und Schüler sind verpflichtet, im Rahmen des Kurses an mindestens zwei Öffnungstagen des Museums vor Ort zu arbeiten. Arbeitsart und -umfang sind mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Museums Moorseer Mühle abzusprechen (anreichen von Korn, Kornsäcke transportieren, pflegerische Aufgaben, etc.).

Zusätzliche freiwillige Praktikumstage sind nach Absprache mit der Museumsleitung möglich und sollen positiv in der Praktikumsbescheinigung vermerkt werden. Die Schülerinnen und Schüler sollen hierdurch einen vertiefenden Einblick in den Museumsalltag und in die Museumsarbeit bekommen und einen tatsächlichen „Arbeitstag“ erfahren. Über ihre Praktikumstage im Museum verfassen sie jeweils eine kurze Evaluation mit Hilfe eines Evaluationsbogens. Maximal dürfen zwei Schüler gleichzeitig einen Praktikumstag absolvieren. Für die Praktika werden die Schüler tageweise vom Unterricht freigestellt.

Die am Projekt beteiligten SuS bekommen „Arbeitskleidung“. Neben Sicherheitsschuhen tragen sie als „Müllerknechte“ eine schwarze Zimmermannsweste und rote Stoffhalstücher. Sie schlüpfen damit in ihre „Rolle“ und sind für Mitarbeiter und Museumsbesucher gut zu erkennen.

 

Verortung des Projektes im Fach Geschichte

Im Doppeljahrgang 7/8 beschäftigt sich der Regelunterricht im Fach Geschichte mit der Entwicklung (in Deutschland) im 19. Jahrhundert: der demokratischen Bewegung, dem Nationalismus und Imperialismus sowie der gesellschaftlichen Veränderung durch die Industrialisierung. Die Fachkonferenz der Oberschule 1 Nordenham hat beschlossen, das Thema „Industrialisierung“ im Regelunterricht nur kurz zu behandeln und eine Vertiefung dem Wahlpflichtunterricht zu überlassen.

Die Moorseer Mühle dient exemplarisch als Arbeits- und Lebenswelt, in der sich historische Entwicklungen durch die Industrialisierung verdeutlichen lassen: Veränderungen im Ackerbau und in der landwirtschaftlichen Arbeit insgesamt können mit den Exponaten vor Ort erfahrbar werden; die Mühle selbst wurde von Windkraft auf Dampfkraft umgestellt.

Die Schülerinnen und Schüler versetzen sich in die Lebens- und Arbeitslage der Menschen vor über 100 Jahren. Durch praktische Arbeit im Selbstversuch können sie erfahren, welche Verbesserung heute selbstverständliche Errungenschaften der Industrialisierung für die Menschen bedeuten. Die Jugendlichen sollen erkennen, welche Auswirkungen die Veränderung der Arbeitssituation auch auf das soziale Leben der Menschen hat. Daher ist das Projekt eng dem ’strukturierenden Aspekt‘ „Leben – Arbeiten – Wirtschaften“ des Kerncurriculums Geschichte verbunden.

Neben diesen fachbezogenen Kompetenzen beinhaltet das Projekt viele fächerverbindende Aspekte. Es gibt z.B. thematische Anknüpfungspunkte und Überschneidungen mit dem Fach Erdkunde (Tourismus, Böden und Bodenbearbeitung, Strukturwandel), Biologie (Pflanzen- und Tierkunde), Textiles Gestalten, Technik sowie Werken. Insbesondere ist auch die Verbindung zum Fach Wirtschaft (Berufsorientierung) zu nennen.

(Quelle: Projektkonzeption von Dr. Jan Christoph Greim und Torsten Lange)